Eisenbahn

Der Glacier Express in der Vorderrheinschlucht - ein Mythos.
Eisenbahn bewegt die Menschen seit 200 Jahren, im übertragenen wie im Wortsinn.
Für die meisten von uns ist sie banal: Alltag beim Pendeln, Ärger über den verpassten Anschluss, die fehlenden Sitzplätze oder die geschlossene Toilette. Wahrgenommen wird sie dann, wenn sie nicht funktioniert, und das kommt, gemäss Statistik, in der Schweiz sehr selten vor. Subjektiv betrachtet: Andauernd. Immer mein Zug. Ausgerechnet!
Nostalgisch verklärt, war Bahnfahren früher ein Genuss. Tatsächlich? Muffige Seitengangwagen ohne Klimaanlage? Klebende Plastiksitze? Kondukteure mit dem Charme eines Feldweibels der Armee? Drei Stunden lang kein Zug? Noch waren die Lokführer während vielen Fahrten zum Stehen verdonnert und Frauen arbeiteten höchstens als Köchin im Rottenwagen: So war sie, die SBB der Siebzigerjahre.
Trotz allem: Diese Bahn hat mich mit ihrem rauen Charme verführt. Sie roch nach Maschinenöl und Eisenstaub, klackerte und ruckelte sich gemächlich auf Reisegeschwindigkeit. Im Pendelzug durfte man in der Lokführerperspektive mitreisen. Billette gab es am Schalter, sie waren aus Karton, und Güterwagen standen auch im hintersten und letzten Bahnhöfli. Es wurde rangiert, gepfiffen und im Stellwerk gehebelt, was das Zeug hielt. Niemand beklagte sich über schlechten Handyempfang.
Die heutige Bahn ist fast perfekt. Leistungsfähiger. Une prouesse, wie die Romands sagen würden, wenn sie nicht so verärgert wären, dass 'Zürich mehr Bahn gekriegt' hat als Lausanne.
Ja, auch das ist sie heute: Politischer. Grün muss sie sein, sozial, komfortabel, pünktlich, schnell und vor allem billig. Ich liebe die Eisenbahn. Die meiner Kindertage, die sich niemand ernsthaft zurückwünscht. Die von heute, mit ihren singenden Triebzügen und modisch gestylten Zugchefs, die Reisende wie Kunden behandeln.
Die Bahn von morgen? Sie wird uns noch viele, viele Milliarden kosten. Aber auch 2050 werden wir ihren wahren Wert erst erkennen, wenn sie ausnahmsweise einmal stillsteht.
Eisenbahner

Ja, ich bin ein Eisenbahner. Nicht nur, aber mit Begeisterung. Dem fünfzigjährigen Quereinsteiger begegneten bei der SBB Infrastruktur viele mit Skepsis - freundlicher Skepsis, immerhin. Liebe erfahrene Lokführer, Zugverkehrsleiter oder Gleisbauer: Ihr habt das Métier von der Pike auf gelernt und es nicht selten 30, 40 oder noch mehr Jahre lang ausgeübt. Hut ab vor eurer Professionalität! Meine Laufbahn verlief anders, und ich fühle mich der Sache genauso verbunden wie ihr.
Die Eisenbahn ist in vielerlei Hinsicht ein eigenwilliges Universum. Ihre Komplexität ist legendär; alles hängt mit jedem zusammen. ‘Rad und Schiene!’ wird immer wieder mit polemischem Unterton gerufen. Damit ist gemeint: Die Bahn kann man unternehmerisch führen, aber nicht auseinandernehmen. Doch, kann man. Die Briten haben es versucht... und sind Stück für Stück zurückgekrebst. Vorsicht: Nicht ‘Staatlichkeit’, sondern integrale Systemverantwortung ist der wesentliche Punkt. Auch wir Klassenbesten in der Schweiz haben noch längst nicht fertig ausdiskutiert, welche Rolle die Politik im Gesamtkonstrukt ‘öffentlicher Verkehr’ spielen soll.
Klassenbeste? Ja. Die Beherrschung von Technik und Betriebsprozessen faszinieren, sind aber nur die Pflicht. Die wahren Trümpfe des Erfolgsmodells 'Schweizer Bahn' liegen in einem für alle öV-Akteure geltenden Tarifsystem mit umsichtiger Preispolitik, dem nationalen Taktfahrplan und einer - vorläufig noch - gesicherten Finanzierung von Unterhalt und Ausbau der gesamten Infrastruktur.
Das Image der Bahn hat sich seit meiner Schulzeit radikal verändert. Damals von den meisten als Auslaufmodell belächelt, soll sie heute so ziemlich alles richten. Als Gymnasiast war ich ein einseitiger öV-Ideologe. Jugendsünde? Heute bin ich überzeugt: Die Zukunft gehört dem optimierten Zusammenspiel aller Verkehrsträger. Schaut in meinen Blog. Oder freut euch auf meinen zweiten Roman, 'Level zwei'.
Modelleisenbahner

Mit fünf Jahren kaufte mir die Mutter einen Märklin Katalog. Hätte sie damals geahnt... Bis zur ersten Klasse musste ich mich gedulden: Da bekam ich zu Weihnachten endlich eine 'richtige' Modellbahn. Nicht Märklin, sondern Fleischmann, die Ae 6/6 mit drei grünen SBB-Wagen.
Die Zeiten sind vorbei, als Väter ihren Kindern 'eine Elektrische’ schenkten, um dann selbst damit zu spielen. Aus der öffentlichen Wahrnehmung ist die Modellbahn fast verschwunden. Sie glänzt spektakulär als Attraktion – das bekannteste Beispiel ist wohl das Miniaturwunderland in Hamburg. Auch in Fachmagazinen wird unterdessen ein Modellbau propagiert, der eher eine handwerkliche Kunstform darstellt als ein Hobby für das breitere Publikum. Fachgeschäfte, wenn es sie überhaupt noch gibt, findet man gut versteckt im Quartier, und gekauft wird in Webshops. Einsteiger haben es somit schwer. Einsteigerinnen? Gerne. Meldet auch bei mir!
Die Modellbahner haben ein durchzogenes Image. Über Modellbahnen werde ich nicht bloggen, versprochen! Sind hundert Lokomotiven eine gepflegte Sammlung oder eigenbrötlerische Spinnerei? Jede und jeder darf dies nach seinen eigenen Kriterien beurteilen. Meine Anlage beweist immerhin, dass ich nebst kopf- und fusslastigen Interessen auch zwei funktionierende Hände habe.
Die Rhätische Bahn hat es mir besonders angetan, und seit bald dreissig Jahren ist sie mein Thema im Massstab 1:22.5. Ich stehe dazu: Ein schönes Hobby. Ich muss mich nicht täglich damit beschäftigen, aber jederzeit im Keller rasch einen Zug zu rangieren und von Scuol-Tarasp irgendwohin ins Bündnerland fahren zu lassen, ist meiner innerlichen Balance förderlich. Wer mehr über mein Albugadin’ wissen möchte, findet in meinem YouTube-Kanal passende Videos.
