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Enttäuschend

  • daehlert
  • 12. Feb.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Feb.

Ermattet von der vielen Empörung - mein Blog vom Wochenende - seufzen wir resigniert: 'Ich bin sooo enttäuscht!' Heute hat es mich erwischt.

Beim Frühstück habe ich das Interview mit Professor Frey gelesen. Wer kein Abo bei der NZZ hat, sei getröstet: Enttäuschend. Alles schon oft gehört. Zu oft. Es erstaunt, wie viele Sorgen und wie wenige Lösungen ein Nobelpreisanwärter anspricht. Okay, die Eintrittsgebühr für Einwanderer ist bestimmt origineller als die SVP-Initiative gegen die Verträge mit der EU - pardon, die Mehr-als-10-Millionen-Schweiz. Aber auch diese Idee ist nicht neu; ich erinnere mich an ein Interview mit Professor Eichenberger.

Ökonom Frey ist ein bisschen empört. Ich stimme ihm zu:

  • Kinder werden überbehütet.

  • Es ist falsch, dass die Berufslehre an Terrain verliert und die vielen, die studieren, sich zu selten für exakte Wissenschaften interessieren.

  • Politische Forderungen ohne Preisschild sind unlauterer Wettbewerb.

  • Der Staat setzt oft nicht zielführende Anreize und darf nicht ins Uferlose wachsen.

Aber gleich eine Moralpredigt halten? Wozu?

'Uns' geht es zu gut! Lauter Ich-AGs! 'Wir' sind eine 'überakademisierte' Gesellschaft aus Egoistinnen, Teilzeitarbeitern und Work-Life-Equilibristen im Home-Office, die alles vom Staat und nichts von sich selbst einfordern! "Warum wehren sich so wenig Bürgerliche dagegen, dass wir immer unfreier werden?" Gute Frage, Herr Frey...

Moment mal: Die Ich-AG, Individualismus, das heisst doch... Wozu möchte ich meine Lebenszeit einsetzen? Welche Ausbildung entspricht mir? In welcher Rolle, wie und mit wem möchte ich zusammenleben? Will ich Kinder haben? Wieviel Lohnarbeit verlangt mein Budget? Selbstbestimmung ist - wäre? - liberales Credo.

Und nun ruft, nicht nur, Herr Frey ausgerechnet nach etatistischer Lenkung bei diesen Kernfragen der persönlichen Freiheit: Wer teure Ausbildungen wählt, soll bitte später Vollzeit arbeiten oder, mindestens, entsprechende Steuern zahlen! Das Individuum als staatliche Investition, die rentieren muss: Geit's no?

Arbeit kann und soll glücklich machen, da bin ich sehr einverstanden. Aber was wir wirklich leisten, hängt in unserer Hightech- und Service-'Industrie' nicht vom Beschäftigungsgrad ab. Die Stechuhr ist passé. Wenn wir gern arbeiten, schaffen wir Gutes. Auch über 65 hinaus - sofern das Klima in der Firma stimmt... Wie nehmen Sie die Unternehmenskultur an die Kandare, Herr Frey?

Zurück zur Ausbildung. Die Jungen sind unsere Zukunft. Sie verdienen Vertrauen und die Chance, sich für eine erfolgreiche Ich-AG fit zu machen... und zu lernen, Verantwortung zu übernehmen. Unser 'System' muss allerdings die Selektion neu erfinden: Nicht als Rückfall in freudlosen, autoritären Leistungsdruck, sondern als Prozess, sich realistische Lebens- und Berufsziele zu setzen. Es zählt, was jemand kann und weiss, nicht sein Diplom.

Umso wichtiger, dass der liberale Staat für Stabilität einfacher Spielregeln bürgt, statt mit ausuferndem Mikromanagement Pseudogerechtigkeit zu erzwingen. Denn nach staatlichen Eingriffen rufen nicht die vielen Ich-AGs, sondern wenige lautstarke Wir-wissen-es-besser-GmbHs: Politische Gruppierungen im Kampf um Wählergunst.

Liberale, träumt von zehn Millionen oder auch mehr prosperierenden Ich-Unternehmen! Wirtschaftlich ausgeglichen, rentabel punkto Zufriedenheit und Glück: 'Wenn-e jede für sich sälber gugget, isch für alli gschouet', sag(t)en die Berner Oberländer. Ich rede nicht von subventionierten Startups, die ihre Geldgeber mit leeren Versprechungen hinhalten...

Bin ich gerade einer Utopie aufgesessen? Meinetwegen. Die pauschalisierende Dystopie, die Herr Frey abmahnt, entspricht auch nicht der Realität. Zum Glück.

Vielleicht habe ich ihn falsch verstanden. Seine Absichten sind, kein Zweifel, nobel. Einen Preis für das Interview hat er allerdings nicht verdient.

Findet meine Ich-AG.

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