Expertengeflüster
- daehlert
- 1. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
14 Milliarden soll der Ausbau der Schweizer Eisenbahn zusätzlich kosten, liest man seit einiger Zeit. Bei den Autobahnen wollen Herr und Frau Schweizer hingegen sparen: Unser Verkehrsminister hat ein Problem. Ein happiges. Seit November herrscht beredtes Schweigen. Nun aber wissen wir: Alles kommt gut. Ein ETH-Professor wird dem Bundesrat erklären, wie es mit Strasse und Schiene weitergehen soll in Helvetien.
Herr Weidmann ist nicht zu beneiden. Der Mann mit dem «externen Blick» – er hat sein gesamtes Berufsleben in Zweigstellen der Bundesverwaltung verbracht - fasst die NZZ seine Biografie skeptisch zusammen. Logisch. Wir Liberalen misstrauen dem Staatsdiener; die Aufgabe schreit nach einem Mann mit unternehmerischem Flair und dem Blick für das grosse Ganze. Allerdings steht zu befürchten, dass weder Superwoman noch Mister Perfect existieren: Wer draus kommt, ist irgendwie mit Auto oder Eisenbahn verbandelt. Beispiele gefällig? Herr Giezendanner? 'Ölbert', schimpft dann, nicht nur, Linksgrün den Verkehrsminister. Peter Spuhler? Der will seine Züge verkaufen, je mehr, desto besser. Verkehrsinfrastruktur ist ein Enabler, kein Business. Ein eigener Kosmos. Wer drin steckt, ist teilweise staatsfinanziert: Als Lohnempfänger, Zulieferer oder Nutzniesser.
Viel mehr als die Medien weiss ich nicht über Herrn Weidmann, und seine Nomination veranlasst auch mich nicht zu Begeisterungsstürmen. Vielleicht geht es ihm genauso: Das Mandat bietet zahllose Möglichkeiten, kurz vor der Pensionierung in garstige Fettnäpfe zu treten. Vielleicht ruft er mich an und fragt um Rat, was zu tun sei?
Erstens: Korrigieren eines falschen Eindrucks.
Die 14 Milliarden sind keine Kostenexplosion, sondern zusätzliche Investitionen: Gewachsene Ansprüche - teilweise, aber nicht nur, begründbar mit Nachfragewachstum. Auch der Verzicht auf die Ausrüstung der Doppelstockzüge mit der Wankkompensation (WAKO) erklärt nicht die Misere. Den Schwarzen Peter hat in diesem Fall die SBB gezogen. Zu Unrecht: Übertriebener politischer Druck verleitet zu Fehlentscheiden.
Zweitens: Die Karten im Planungsprozess neu verteilen.
Das von Lokalpatriotismus geprägte parlamentarische Prozedere zäumt den Gaul vom Schwanz her auf: Für jeden Ausbauschritt (AS) wird ein Bündel konkreter Projekte geschnürt, und die SBB erstellt auf dieser Basis einen Fahrplan, das Angebotskonzept (AK). Das ist grundfalsch! Seit Bahn2000 ist - wäre - es umgekehrt: Das Zielangebot - Taktfrequenz und Platzkapazität pro Linie, Fahrzeiten, Anschlüsse - steckt den Rahmen für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur. State of the Art. Politiker sind keine Verkehrsplaner.
Drittens: Mobility Pricing fordern, zur Förderung kombinierter Mobilität.
Der motorisierte Individualverkehr ist 'kaptiv'. Er wird heute von den Nutzern finanziert, allerdings über Pauschalen (Vignette, Mfz-Steuern) und indirekte Abgaben. Auch Amortisation und Versicherungen bringen eine hohe Fixbelastung: Das Auto kostet in der Garage so viel, dass es seine Besitzer auch dort nutzen, wo der öV eine gute Alternative bietet. Doch auch Bahn, Tram und Bus bevorzugen Vielfahrer mit Pauschalabos. Die überzeugte, urbane Nichtautofahrerin hat sich so eingerichtet, dass sie vor kaum überwindbaren Parkplatz- und Stauproblemen steht, wenn ihr Alltag mit Velo und gelegentlichem Car Sharing nicht mehr zu bewältigen ist: Gefangen. Auch sie.
So, Herr Weidmann, die Details können Sie nun ausarbeiten. Sie sind Experte, verfügen über 150'000 Franken und viel Zeit. Pardon, bis im Herbst. Ich bleibe erreichbar. Kostenlos.
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