Mahnfinger
- daehlert
- 19. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Feb.
Tatsächlich: Professor Frey hat meinen Blog gelesen! Natürlich habe ich indiskret nachgeholfen. Ich freue mich trotzdem, dass er sich Zeit nimmt für Kritik. Vorbildlich! Ja, Herr Frey: Wir haben nicht die gleichen Ansichten. Aber wir bezeichnen uns beide als Liberale. Hmm... Wo ist das Problem?
Fragen wir Wikipedia: Der Liberalismus (...) ist eine Grundposition der politischen Philosophie und eine historische und aktuelle Bewegung, die eine freiheitliche politische, ökonomische und soziale Ordnung anstrebt. (...) Der Liberalismus befürwortet eine Gesellschaft, die auf der Freiheit des Einzelnen, der Wahrung des Rechts, Pluralismus und freiem Gedankenaustausch basiert.
Jemand dagegen? Niemand streckt die Hand auf? Eben. Unsere Gesellschaft ist 'liberal', und fast alle finden es gut. Jede und jeder auf seine Art.
Liberalismus halten die meisten für das Markenzeichen der 'Rechten'. Nicht allzu Rechten, wohlverstanden. Viele denken nur an den Wirtschaftsliberalismus - das Feindbild von Linksgrün: 'Schädliches' Wirtschaftswachstum, Gewinnorientierung, Abzockermentalität, Ausnutzung der 'Schwachen'... Eine bedauerliche Reduktion.
Selbst ohne dystopische Verzerrung: Liberalismus ist viel mehr. Das Links-Rechts-Schema passt nicht: Bei gesellschaftsliberalen Themen steigen häufig zuerst die Linken in den Ring, bevor die FDP und Teile der 'Mitte' in gemässigtem Ton mitziehen. Eigentlich schade, denn liberale Anliegen kann man aus ideologischen Gründen gut finden und trotzdem den freiheitlichen Geist mit Füssen treten: Politisieren mit dem Mahnfinger. Moralgebot statt leben und leben lassen. Künstliches Schwarzweiss von Gut und Böse statt kunterbunt. Mein liberaler Geist verabscheut den Mahnfinger: Er ist penetrant und beleidigt alle, die er gar nicht gemeint hat.
In diese Falle ist Herr Frey, wie viele andere, getappt. Er begibt sich in Gesellschaft, die er eigentlich nicht sucht:
Nationalisten mit Abschottungsideologien und einseitigen Feindbildern...
Grüne und aktivistische Ableger mit ihrem hysterischen Ruf nach 'Klimanotrecht'...
Mit Statistiken wedelnde Linke, die Gleichheit mit der Brechstange einfordern...
Sie alle vertreten legitime Anliegen, mindestens im Kern. Bei Zielen und Methoden vergreifen sie sich bedauerlicherweise. Und in der Tonalität: Sie machen es gut und wissen es besser. Sie fordern radikale Lösungen auf Kosten einer Mehrheit, die damit nicht einverstanden ist. Oder sich, irrtümlicherweise, nicht betroffen fühlt. Darum soll der Staat es richten. So würde Demokratie in letzter Konsequenz zur totalitären Diktatur.
Würde... denn so ähnlich die Mahnfinger in der Gestik, so widersprechend sind ihre Ziele. Der liberale Geist darf alle allzu eifrigen Mahner abmahnen, aber nicht einzelne bevorzugen.
Der Mahnfinger bringt nicht die Lösung, sondern zementiert das Problem: Ermahnte und Gescholtene sind nicht kooperativ. Die logische Reaktion auf das überhebliche 'Eltern-Ich' der Moralisten aller Couleurs ist das verschnupfte 'Jetzt erst recht!' des Kind-Ichs ihrer empörten Gegner. Hinter dem Mahnfinger, wir ahnen es, versteckt sich der Drohfinger. Ob grün, sozialistisch, 'bürgerlich', konservativ oder nationalistisch: Gefährlich.
Angst ist eine heimtückische, ansteckende Krankheit: Das Ende der Freiheit. Freiheit? Mit Selbstverantwortung: Nur, wer sie nicht portionenweise wegklicken oder Andersdenkende gleich enteignen möchte, darf sie für sich in Anspruch nehmen. Das fällt manchmal schwer. Auch dem liberalen Geist.
Auf Wiederlesen in... Destination Dreamworld! Neue Informationen und Leseprobe auf meiner Homepage.


Kommentare